Aufzucht

Aufzuchtrinder

Lungenentzündung

Lungenerkrankungen treten nicht nur bei Kälbern, sondern auch bei Aufzuchtrindern relativ häufig auf und können erhebliche wirtschaftliche Verluste verursachen. Ein wesentlicher Punkt für die hohe Anfälligkeit von Jungrindern für Atemwegserkrankungen ist der anatomischen Aufbau der Lunge (siehe Aufzuchtkälber). Zusätzlich ist bei den Rindern die Lungenkapazität im Verhältnis zum Körpergewicht relativ klein und die Lungenentwicklung ist erst spät, d.h. ungefähr nach einem Jahr, abgeschlossen.

Eindeutige Ursachen für eine Lungenentzündung können selten benannt werden. Verschiedenste Keime (Viren, Bakterien, Parasiten) sind am Krankheitskomplex beteiligt. Keime, welche auch bei gesunden Kälbern oder Rinder isoliert werden. Resistenzmindernde Faktoren tragen wesentlich dazu bei, dass es zum Ausbruch der Krankheit und zu einem Bestandesproblem kommt. Die Lungenentzündung der Aufzuchtrinder ist ein Paradebeispiel einer multifaktoriellen Krankheit. Virale Infektionen sind dabei in der Regel die Wegbereiter für eine bakterielle Infektion.

Diagnose

Als erstes typisches Symptom einer Lungenentzündung kann eine erhöhte Körpertemperatur beobachtet werden, meistens begleitet von einem verminderten Futterverzehr. Weitere erste Anzeichen können sein: vermehrter Tränenfluss aufgrund einer Bindehautentzündung (gerötete Bindehaut) und wässeriger Nasenausfluss. Im weiteren Verlauf erhöht sich die Atemfrequenz markant. Durch eine bakterielle Infektion verschlimmert sich die Krankheit. Der Nasenausfluss wird zunehmend schleimig und eitrig. Angestrengtes Atmen mit Zuhilfenahme der Bauchmuskulatur kann beobachtet werden, ebenso gestreckte Kopfhaltung bei schlimmen Fällen. Der Tierarzt hört mit seinem Stethoskop bei der Auskultation vermehrte und laute Lungengeräusche. Bei sehr schwerwiegenden Fällen kann es jedoch auch zu einer Umkehrung kommen. Wird ein Teil der Lunge gar nicht mehr belüftet, so fehlen die üblichen Lungengeräusche.

Für den Erregernachweis gelten die gleichen Richtlinien wie beim Aufzuchtkalb. Als zusätzlichen Erreger muss man beim Rind, welches bereits auf der Weide war oder frisches Gras gefressen hat, die Lungenwürmer in Betracht ziehen.

Risikofaktoren

Stress als resistenzverminderter Faktor (Transporte, Umgruppierung, hohe Belegungsdichte) spielt eine wesentliche Rolle. Der Tierverkehr, sprich das Zusammenführen von Tieren aus verschiedenen Ursprungsbetrieben, muss als weiterer wichtiger Faktor angefügt werden. Jedes Jungrind nimmt „seine“ Viren und Bakterien von zu Hause mit. Die anderen Gruppenmitglieder werden damit infiziert und können, weil für sie noch unbekannt, daran erkranken. Analog gilt dies auch für das Verstellen von Einzeltieren in eine andere Gruppe innerhalb eines Betriebes.
  
Die Haltungsbedingungen sind von zentraler Bedeutung. Lungenentzündungen treten gehäuft im Winterhalbjahr und während der Stallhaltung auf. Das Stallklima spielt eine entscheidende Rolle. Es ist abhängig von der Belegungsdichte (minimale Anforderungen), den räumlichen Gegebenheiten und einer eventuellen aktiven Belüftung. Trockene Kälte scheint dabei weniger Probleme zu verursachen als feuchte Kälte wie beispielsweise bei einem Wetterwechsel oder ungenügendem Abtransport der durch die Abatmungsluft selbst produzierten Feuchtigkeit im Stall. Eine genügende Luftaustauschrate muss jederzeit gewährleistet sein, um Schadgase und die Feuchtigkeit abzutransportieren sowie die Keimdichte niedrig zu halten.

Zugluft ist nur dann schlimm, wenn die Tiere dieser nicht ausweichen können. Entsprechend müssen gewisse Stallbereiche, insbesondere der Liegebereich, zugluftfrei gestaltet werden. Je mehr Tiere im gleichen Luftraum gehalten werden, desto wahrscheinlicher ist die Übertragung von Keimen. Eine Umstallung von Jungrindern nach einer Kaltstallphase in einen Warmstall sollte unbedingt vermieden werden.

Therapie

Bei der Therapie kann man sich an die Richtlinien halten, welche bei den Aufzuchtkälbern gelten. Gegen die Viren stehen keine Medikamente zur Verfügung. Die therapeutischen Massnahmen zielen auf die bakterielle Sekundärinfektion und sollten mit entzündungshemmenden Medikamenten ergänzt werden. Therapie-Misserfolge sind oft nicht das Resultat von resistenten Keimen, sondern von zu kurzer Therapiedauer. Ein Lungenwurmbefall kann mit geeigneten Medikamenten sehr effektiv therapiert werden. Jedoch ist ein strategisches Vorgehen mit Prophylaxe und / oder Behandlungen der sinnvollste Weg.

Prophylaxe

Die Vermeidung von Atemwegsinfektionen basiert auf den gleichen zwei Prinzipien, wie bei den Aufzuchtkälbern erwähnt:

  • der Optimierung der Tierhaltung, um die Abwehrbereitschaft des Organismus zu maximieren und gleichzeitig den Infektionsdruck zu minimieren,
  • der frühzeitigen Erkennung und zielgerichteten, systematischen Behandlung von akut erkrankten Kälbern, um gravierende Organveränderungen und erneute Erkrankungen (Rezidive) zu vermeiden, sowie die Keimausscheidung zu reduzieren.
  • Gegen die wichtigsten Viren steht ein Impfstoff zur Verfügung, ebenso gegen die Lungenwürmer